Digitalisierung bei Implenia

Mensch, Maschine und Material im Einklang

Wachsende Herausforderung in der Bauprojektabwicklung

Die Baubranche befindet sich im Wandel. Die Digitalisierung wird das stark von Traditionen geprägte Handwerk nachhaltig verändern. Die Herausforderungen in der Abwicklung von Bauprojekten sind in den vergangenen Jahren zunehmend grösser geworden. Steigende Kundenbedürfnisse und der globale Wettbewerb erhöhen den Termin- und Kostendruck. Gleichzeitig erfordern einzigartige Bauten immer komplexere Projektorganisationen und erhöhen technische Anforderungen in allen Bauphasen. Diese veränderten Rahmenbedingungen verlangen neue ganzheit­liche Lösungs- und Denkansätze. Grosses Potenzial bietet dabei die Digitalisierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Davon ist ­Implenia überzeugt und arbeitet deshalb an einer transparenten und flexiblen Steuerung des gesamten Bauprozesses.

Dynamische und komplexe Systeme

«Das Thema Digitalisierung ist in aller Munde. Privat kommunizieren wir seit längerer Zeit über Apps oder nutzen den digitalen Taxidienstleister Uber, um von A nach B zu gelangen. Auch in der Baubranche stösst die Digitalisierung auf grosses Interesse und eröffnet uns neue Chancen», erklärt Jörg Kaiser, Head of Technical Center von ­Implenia. Sein Kernteam verantwortet die Entwicklung und Umsetzung der Digitalisierungsstrategie von ­Implenia. Grosses Potenzial sieht die Gruppe insbesondere bei der Optimierung der operativen Wertschöpfungskette. Dank digitalen Informationen und Instrumenten können Bauabläufeeffizienter und effektiver gestaltet werden.

«Die Vernetzung und Auswertung detail­lierter Daten ermöglichen uns, schnell Rückschlüsse zu ziehen, proaktiv einzugreifen und zu handeln», so Jörg Kaiser. Die Basis bildet dabei transparentes und lösungsorientiertes Arbeiten.

Diese Arbeitsweise generiert klare Wettbewerbsvorteile in einem von tiefen Margen geprägten Markt. ­Implenia baut deshalb die entsprechenden Kompetenzen fortlaufend aus.

«Die Digitalisierung greift tief in die DNA der gewohnten Arbeitsweisen ein.»

Ulf Hoppenstedt, Projektleiter Werk1, Winterthur


Kundenorientiertes Bauen entlang der gesamten Wertschöpfungskette

«Unser Ziel ist es, die operativen Business-Einheiten bei der Optimierung ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen», erläutert Kaiser. Dabei stellt sein Team die Vernetzung von Methodik, Innovation und Mitarbeitenden ins Zentrum. Getragen wird diese Vernetzung von der Philosophie des Lean Managements. Anhand dieses Denkprinzips werden alle Aktivitäten optimal aufeinander abgestimmt. setzt Implenia Ressourcen effi zient ein und verbessert Abläufe. Dank genauer Prozessdefinitionen, klaren Verantwortlichkeiten und einfachen Organisationsmethoden werden Fehler frühzeitig erkannt und ein qualitativ hochwertiges Bauprojekt mit einer hohen Kundenorientierung realisiert. In Basel hat ­Implenia 2016 zwei Hochhäuser nach einem leanorientierten Taktplan fertiggestellt. «Die Arbeiten der verschiedenen Unternehmen und Handwerker wurden im Vorfeld detailliert koordiniert», erklärt Fabian Heidolf, der verantwortliche Projektleiter. «Das hat uns geholfen, die Ausführung effizient und nach einem straffen Zeitplan umzusetzen.»

Für die Planung der verschiedenen Prozesse greifen die Projektverantwortlichen auf das ­Implenia Management System 2.0 zurück, oder kurz: IMS 2.0. «Das System bildet den gesamten Zyklus eines Bauprojekts ab», erklärt Darius Khodawandi, Leiter Operational Excellence. «Darin ist alles transparent abgebildet, von der Marktbeobachtung über die verschiedenen Ausführungsschritte bis hin zur Garantieabnahme.» Diese digitale Anleitung ist somit Orientierungshilfe und Steuerungselement in einem.

Neben einer zielgerichteten Methodik setzt ­Implenia auch auf Innovationen wie Building Information Modeling (BIM). «BIM basiert auf dem Einsatz von 3D-Modellen, welche das physische Ergebnis der Bauaufgabe anhand eines virtuellen Gebäudemodells vorwegnehmen», erklärt Alar Jost, Leiter BIM bei ­Implenia. Die Modelle werden mit Informationen aus dem Planungs-, Bau- oder Betriebsprozess ergänzt. «Im besten Fall erweitert man die Modelle auch noch um Angaben zu Kosten und Zeit. So entstehen dann sogenannte 4D- oder gar 5D-Modelle», so Jost weiter. Damit werden die Entscheidungsfindung, die Qualitätssicherung und die Kommunikation unter den verschiedenen Projektbeteiligten verbessert. Das Technical Center bildet dabei das organisatorische Dach innerhalb der Gruppe. Die Impulse und der Austausch an und mit der operativen Linie erfolgen aber auf der Ebene der jeweiligen Fachbereiche. Ziel ist es, die Digitalisierung da zu verankern, wo auch damit gearbeitet wird. Am Schluss profitieren davon auch die Mitarbeitenden auf der Baustelle. «Mit BIM können wir bereits in der AVOR Gefahrenstellen erkennen, sodass der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden weiter erhöht werden kann», sagt Jost.

Operative Bedürfnisse als Basis des Erfolgs

Damit diese neuen Ansätze greifen, müssen sie nahe an den Bedürfnissen der Projekte sein. Um die Digitalisierung noch näher an das operative Geschäft zu bringen, hat ­Implenia jüngst die Einheit Digitalisation gegründet. Sie verbindet das Know-how aus den Bereichen IT und Bautechnik. Der Leiter des neuen Kompetenzzentrums, Martin Beth, richtet deshalb seine Dienstleistungen konsequent am Endnutzer aus: «Die Anforderungen und Bedürfnisse müssen von den Einheiten formuliert werden.» Nur so könne gewährleistet werden, dass Methoden und Instrumente zielführend und praktikabel entwickelt und dann auch eingesetzt würden. «Die Mitarbeitenden an der Front geben das Ziel vor, unsere internen Fachleute beraten und setzen um», sagt Beth. Doch was bedeutet das konkret? Beth hat schnell ein kleines Beispiel zur Hand. «In Zürich hat einer unserer BIM-Koordinatoren nach den Angaben des Bauführers ein Modell für eine Wohnüberbauung erstellt. Mithilfe des Modells und den Informationen daraus vereinfachte sich die Materialbestellung für den Polier deutlich. Sein Fazit war klar: Die Bestellungen waren genauer und brauchten weniger Zeit.

«Genauso wollen wir die Digitalisierung bei ­Implenia vorantreiben. Konkret und am Projekt», meint Beth.

Neben fachlicher Unterstützung ist aber bei Veränderungen auch Aufklärungsarbeit wichtig. Die Digitalisierung stösst nicht bei allen Mitarbeitenden auf Euphorie, sondern weckt teilweise auch Ängste. Ulf Hoppenstedt, Projektleiter des Werk 1 in Winterthur, kennt diese Vorbehalte: «Die Digitalisierung greift tief in die DNA der gewohnten Arbeitsweisen ein.» Es sei aber immer wieder interessant zu beobachten, wie anfängliche Skepsis nach kurzer Zeit grosser Begeisterung weiche. «Dafür müssen die Leute aber den konkreten Nutzen sehen», sagt Hoppenstedt.

Vernetzung aller Beteiligten entlang der Wertschöpfungsphasen

«Beim Werk 1 haben wir den kon- kreten Nutzen bereits bei der Projektent­wicklung in der Phase des Architektur-­Konkurrenzverfahrens gesehen», sagt der Projektleiter weiter. Es war das erste Mal, dass das Projektteam BIM-Modelle in dieser frühen Phase einsetzte. «Ein durchgängiger BIM-Prozess bringt uns aber nicht nur im Planungs- sondern auch im Realisierungsprozess deutliche Vorteile», ist Hoppenstedt überzeugt. Die prozessuale Vernetzung aller Beteiligten von der Planung, über die AVOR und die Ausführung bis hin zum Abschluss und zur Garantiezeit helfe die Projektziele zu erreichen, den Informationsverlust zu vermindern und die operative Exzellenz zu steigern. Damit aber die Vernetzung auch funktioniert, braucht es das Bekenntnis zu BIM und Lean Management von Bauherren, Betreibern, Unternehmern, Zulieferern und Subunternehmern.

«Das Technical Center organisiert deshalb regelmässig Schulungen und Workshops mit Zulieferern und Subunternehmern», erklärt der Leiter, Jörg Kaiser. Auch während des Architektur-Konkurrenzverfahrens beim Werk 1 wurden die Architekten von den BIM-Profis von ­Implenia begleitet. «Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten», ist Projektleiter Hoppenstedt überzeugt. Denn auch für die Kunden schafft die Digitalisierung von Bauprozessen viele dargestellt und die Qualität der Planung verbessert werden. Zudem können Kosten und Termine über die Planungs- und Realisierungsphasen transparenter abgebildet werden.

«Durch dieses Pilotprojekt eignen wir uns das Rüstzeug für künftige Aufträge an.»

Wolfgang Fentzloff, Leiter technischer Innendienst Tunneling Deutschland


Dank Marktanforderungen wachsen

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass immer mehr Bauherren den BIM-Einsatz vertraglich festschreiben. In Deutschland führt das Bundes­ministerium für Verkehr und ­digitale Infrastruktur ab 2020 sogar eine BIM-Pflicht für ihre Infrastrukturprojekte ein. ­Implenia realisiert bereits heute mit einem Kunden ein Pilotprojekt nach dessen BIM-Anfor­derungen: den Albvorlandtunnel zwischen Stuttgart und Ulm. Das Projekt wurde zuerst im Rahmen eines tradi­tionellen Planungsprozesses erarbeitet. Die Auftraggeberin entschied dann aber, dass der Teilbereich des Westportals mittels BIM-Modellen gebaut werden soll. «Ein Glücksfall», wie der Leiter des technischen Innendienstes von Tunneling Deutschland, Wolfgang Fentzloff, sagt. «Mit diesem Projekt können wir zum ersten Mal 5D-BIM im Infrastrukturbereich anwenden. Dank dem Vergleich zwischen dem traditionellen und dem digitalen Planungsprozess erkennen wir die Vorzüge, die sich aus der neuen Arbeitsweise ergeben.» Zudem würden sich entscheidende Punkte herauskristallisieren, die es bei der weiteren Umsetzung von BIM zu beachten gelte. In der Ausführungsphase kommen aktuell 4D- und 5D-Simulationen zum Einsatz. Dabei zeige sich, dass die Anwendung der Kosten- und Zeitplanung in der operativen Umsetzung eine Herausforderung sei. «Durch dieses Pilotprojekt eignen wir uns das Rüstzeug für künftige Aufträge an», ist Fentzloff überzeugt.

Vernetzung von Mensch, Maschine und Material

Die Digitalisierung wird ­Implenia von einer lokal und analog organisierten Baufirma zu einem globalen und digital vernetzten Unternehmen machen. Losgelöste und nicht eingebundene Systeme werden künftig zusammengeführt und harmonisiert. «Das Ziel ist es, Menschen, Maschinen und Material optimal miteinander zu verknüpfen», erklärt Jörg Kaiser.

«Wir streben eine Verknüpfung zwischen Menschen, Maschinen und Material an.»

Jörg Kaiser, Head of Technical Center


Die Integration von funktionsübergreifenden Daten in Echtzeit schaffe einen Mehrwert für ­Implenia. Supportfunktionen, Methoden, Instrumente, Qualitäten und Technologien werden miteinander vernetzt und schaffen damit mehr Wert.

Ein konkretes Beispiel ist der Einsatz von digitaler Maschinensteuerung. Dank Baggern mit 3D-Maschinensteuerung können präzise Geländemodellierungen vorgenommen werden. «Komplexe Aushub-Geometrien sind durch die digitale Steuerung einfacher sicherzustellen», ergänzt der Leiter BIM, Alar Jost. Zudem könne durch die Auswertung der digitalen Maschinendaten ein effizientes Maschinenparkmanagement betrieben werden. Auch Nachhaltigkeitskriterien oder Risiken simuliert und prüft BIM bereits in der Planungsphase des Projekts. Diese über­greifende Einbindung von Subsystemen trägt auch zur Transparenz im Sinne des «One Company»-Gedankens innerhalb der Gruppe bei.

Für Jörg Kaiser steht fest, dass das Ziel der digitalisierten Baustelle nur gemeinsam erreicht werden kann: «Der digitale Einfluss auf die Baubranche wird stärker; wer sich nicht weiterentwickelt, wird es künftig im hart umkämpften Markt sehr schwer haben.» Aus diesem Grund investiert ­Implenia in Techno­logien und insbesondere in die Weiter­bildung ihrer Mitarbeitenden. Die interne BIM-Community wächst rasant und trägt das Know-how in die Linie. 2016 konnte ­Implenia bereits eine Zunahme von Projektakquisitionen dank der Anwendung modellbasierter Technologien feststellen. Unter diesen Voraussetzungen wird ­Implenia 2017 ihre Kompetenzen im Bereich Digitalisierung weiter ausbauen und gestärkt aus dieser Herausforderung hervorgehen. «Wir sind im Bauen des 21. Jahrhunderts angekommen und wollen dieses weiter aktiv mitprägen», sagt Jörg Kaiser.